
Ich erzähle die folgende Geschichte, die zwar frei erfunden ist, aber in jeder Familie sich am Nachmittag bei der Hausaufgabe ereignen könnte.
Die nachfolgenden Gedanken starten meinen Weg zum neuen Lernen im Schreibprozess.
Rita sitzt am Nachmittag bei ihren Hausaufgaben.
„Mama, ich muss bis morgen für Deutsch eine Nacherzählung schreiben. Kannst du mir bitte helfen?“
„Ich bügle noch die Wäsche fertig, dann komme ich zu dir. Fang in der Zwischenzeit an!“
Rita sieht in ihrem Schulbuch und in den Heften nach, wie sie vorgehen soll, aber es fehlt ihr die Freude, damit zu beginnen.
Als die Mutter zu ihr kommt, hat Rita noch nichts erledigt. Die Mutter ist darüber nicht erfreut, denn nun muss sie beginnen, sich mit der Aufgabe zu beschäftigen. Die beiden folgen nun den Angaben und Mustervorgaben, und Rita beginnt mit Hilfe der Mutter die Nacherzählung zu schreiben.
Den weiteren Ablauf des Nachmittages können wir uns vorstellen. Deswegen fasse ich kurz zusammen.
Beide gehen ohne Motivation an die Arbeit. Es entsteht schließlich ein Schreibprodukt, das sie gemeinsam mit Mühe erstellt haben. Nachdem sie fertig sind, möchte keiner mehr ein Wort über die Nacherzählung verlieren.
Wer von uns kennt nicht dieses oder ein ähnliches Szenario?
Lernen wird hier immer wieder zu einer freudlosen Tortur.
Kinderaussagen wie: „Bin ich froh, wenn ich endlich nicht mehr in die Schule muss!“ sind keine Seltenheit.
Aber muss das so sein?
Und so könnte die Geschichte weitergehen. Am Abend kommt der Vater nach Hause und wird nun ebenfalls mit dem Thema Nacherzählung konfrontiert. Er arbeitet bei einer IT-Firma und hat sofort eine passende und einfache Lösung zu Hand. „Wir erledigen deine Aufgabe mit der Nacherzählung mit ChatGPT“, meint er.
Rita und ihre Mutter wissen zuerst nicht was der Vater damit meint, doch als er ihnen diese KI-Möglichkeit zeigt, sind beide begeistert.
„Das kann ich dann gleich so übernehmen?“, fragt sie ihren Vater.
Alle überlesen gemeinsam noch einmal den vorgeschlagenen Text und sind mit der Lösung zufrieden.
Rita schreibt die Nacherzählung von ChatGPT in ihr Aufsatzheft.
Soll das die Lösung sein?
Der BLOG-Text von Philippe Wampfler stellt folgende Fragen:
Ist das das Ende der Aufsatzdidaktik? und Können Programme gute Texte schreiben?
Im Folgenden möchte ich einen Weg zum Schreiben vorschlagen und mit einem Zitat von Gerhard Sennlaub beginnen:
„Niemand von uns hat eine für alle gültige Wahrheit. Niemand kann sagen: Dieses Verfahren ist richtig, alle anderen sind falsch. Auch in der Schularbeit muss jeder seinen Weg finden, jede ihren Weg gehen.„
(aus Gerhard Sennlaub – Spaß beim Schreiben oder Aufsatzerziehung, Vorwort zur vierten Auflage, S. 8)
Das o.g. Buch hat mich stark angeregt, das Schreiben mit Kindern neu zu überdenken und ich möchte die Lektüre allen Interessierten sehr empfehlen. Die folgenden Ausführungen sind als Diskussionsbeitrag und als Anregung gedacht, den eigenen Weg zum Thema „Spaß beim Schreiben“ zu finden.
Ich begebe mich nun selbst in die Situation von Lernenden und versuche ein Schreibprodukt zu erstellen.
Viel Freude beim Lesen und ich freue mich über zahlreiche Rückmeldungen.